Zum Abschluss des Jahres dieses wunderbare Lied von Pippo Pollina auf Italienisch und natürlich auf Deutsch:
Dies ist eine Art Tagebuch über mein Leben als Seconda in der Schweiz. Mit Abstechern in die Vergangenheit, Gedanken und Erlebnissen zu Identität und Heimat. Ein Tanz zwischen den Kulturen, der manchmal auch auf Reisen stattfindet.
Mittwoch, 31. Dezember 2014
Dienstag, 30. Dezember 2014
2014 – Ein paar Perlen
Die Lagune von Venedig |
Ein Selfie von meinem Vater und mir an seinem 85. Geburtstag |
Un'estate italiana: http://manuela-rinaldi.blogspot.ch/2014/08/sommer-wg-am-meer.html |
Draussen Regen ... |
... drinnen Sonne pur! |
Ein schöner Herbst mit Goethe und Dante ;) |
Paris est toujours une bonne idée |
Life is
short. If there was ever a moment to follow your passion and do something that
matters to you, that moment is now.
|
Sonntag, 28. Dezember 2014
Eine kleine Musik für die Nacht
Für
ein bisschen Wärme. Ich habe mich übrigens wieder angemeldet. Für die Passion.
In diesem kalten Land.
Mittwoch, 24. Dezember 2014
Perfekte Momente
Ich
glaube, die perfekten Momente im Leben sind die einmaligen. Die
unwiederholbaren. Zumindest für mich.
Ein
perfekter Moment kann ein paar Sekunden, Minuten, eine Stunde, einen Tag oder eine Nacht dauern. Ein perfekter Moment kann alles sein. Ein
heisser Cappuccino frühmorgens alleine an einem Strand, ein Lächeln in der
Strassenbahn, ein paar Worte auf dem Handy und noch viel mehr. Was genau macht
den perfekten Moment aus? Jeder Mensch hat da seine eigenen Massstäbe. Und das
ist gut so.
Ich
wünsche euch viele perfekte Momente. Jetzt, heute, morgen und in Zukunft.
Sammelt sie, bewahrt sie gut in euren Herzen auf und erinnert euch später wieder
daran. Sie schenken Zuversicht und zaubern ein Lächeln ins Gesicht.
Sonntag, 21. Dezember 2014
Das Leben ist nicht immer perfekt ...
... aber es
gibt Menschen und Momente, die es perfekt machen. Ich fühle mich gerade reich
beschenkt. Und dies noch vor Weihnachten. Und obwohl ich mir dieses Jahr vom
Christkind gar nichts gewünscht hatte. Und ich Weihnachten grundsätzlich immer
etwas schwierig finde.
Freitag, 19. Dezember 2014
Ja und Nein
Ja, der
Koalabär war echt. Es war keine dieser Free-Hugs-Aktionen, bei denen sich
Menschen auch mal als Bären verkleiden und Umarmungen verteilen. Gerade jetzt,
vor Weihnachten. Nein, dieser Koalabär ist keine Option für mich. Aus Gründen. Genannten
und ungenannten. Dafür hinterlässt er mehrminütige Botschaften auf dem
Telefonbeantworter. Nein, er liest diesen Blog wirklich nicht. Ja, ich schreibe
hier über mein Leben. Alles echt, nichts erfunden. Und ja, der Song ist
wirklich schön. Es freut mich, wenn er euch gefallen hat. An Männerstimmen
gefallen mir übrigens Johnny Cash, Joe Cocker und Herbert Grönemeyer. Vermutlich
auch andere, die kommen mir jetzt aber nicht in den Sinn. Vielleicht sucht ihr
mal einen Song für mich aus? Danke und gute Nacht allerseits.
Donnerstag, 18. Dezember 2014
Koalabären lesen nicht
Ich gebe zu,
dass es mich nicht ganz kalt lässt. Die Vorstellung, dass ich morgen früh in eine
Maschine nach Indien gestiegen wäre. Deshalb habe ich heute Dhal und Paneer
Makhani gegessen. Beim Essen dachte ich über diese nicht stattfindende Reise nach und gleichzeitig auch an die vielen Menschen,
die der Zufall ausgerechnet dieses Jahr wieder an Land und in mein Leben
gespült hat. Dabei kam mir ein bestimmter Mann in den Sinn, der seit ein paar Tagen
immer mal wieder meine Gedanken gestreift hatte.
Ich weiss, ihr werdet es mir jetzt
nicht glauben. Aber es ist wirklich wahr. Als ich nach dem Essen wieder auf die
Strasse trat, lief mir genau dieser Mann über den Weg. Wir schauten uns ungläubig
an und ich wollte es schon bei einem simplen «Hallo» bewenden lassen, als ihn
plötzlich ein leuchtendes Strahlen ergriff und er sagte, er hätte ausgerechnet
heute Morgen an mich gedacht! Als ich lachen musste, warf er sich wie ein Koalabär stürmisch an
meinen Hals und umschlang mich. Dabei sprach er die ganze Zeit auf mich
ein, knuddelte und herzte mich, stellte tausend Fragen, gab sich die Antworten
selber und zog auch gleich sämtliche Fazite. Weshalb und warum denn nicht mehr??
Das Ganze spielte sich wohlbemerkt zur Mittagszeit in Zürich an der Bahnhofstrasse ab ...
Nein, er ist kein Schweizer. Und dies ohne die Schweizer beleidigen zu wollen, denn
das wäre einfach schlichtweg nicht ihr Stil. Aber zurück zum Koalabär. Ja, warum
eigentlich nicht mehr? Die Antwort steht im Titel von diesem Post. Sie lesen
übrigens auch keine Blogs.
Für alle
Koalabären dieser Welt:
Mittwoch, 17. Dezember 2014
Flow
Heute
keine Zufälle. Sondern ein unglaublich leichter, kreativer Flow. Wenn sich beim Lunch
mit einer Freundin vage Ideen plötzlich konkretisieren. Wenn es fliesst. Dann ist das Leben gut. Bald
mehr darüber. Ein kleiner Anhaltspunkt nur: Korfu,
Yoga, Hand aufs Herz ...
Sonntag, 14. Dezember 2014
Mich wundert nichts mehr
Gestern
schrieb ich über Zufälle, die keine sind. Und damit ihr es mir glaubt – oder
wohl besser, damit ich es mir in einem Jahr selber noch glaube – schreib ich den
Zufall von heute auf. Dazu muss ich ein bisschen ausholen, weil man es sonst
nicht versteht.
Am
15. November war ich in Einsiedeln zu einer Geschäftseröffnung eingeladen. Ich
nutzte natürlich die Gelegenheit, um der wunderschönen barocken Klosterkirche wieder
einmal einen Besuch abzustatten, aber auch um bei der Schwarzen Madonna eine
persönliche Bitte zu deponieren. Notabene: Ich bin vor gut 20 Jahren aus der
katholischen Kirche ausgetreten, denn ich betrachte mich als freier Mensch. Ich
glaube an eine göttliche Quelle. Dies aber ohne eine bestimmte Zugehörigkeit
manifestieren zu müssen. Deshalb habe ich absolut kein Problem, meine Bitten und
meine Zwiesprache mit der Quelle in einem buddhistischen Tempel, in einer
katholischen Kirche, im Anblick des Meeres oder vor einem hinduistischen Altar
vorzutragen. Und selbstverständlich auch meinen Dank auszusprechen. Der Zufall
wollte es, dass ich mich ausgerechnet zur lateinisch gesungenen Vesper, dem
Abendgebet der Mönche, in der Kirche befand. Nach der Vesper spielte ein
kleines Kammerorchester mit Harfenbesetzung ein paar barocke Musikstücke. Unter
anderem den berühmten Kanon in D-Dur von Johann Pachelbel (1653-1706). Ich
kannte ihn, hatte ihn aber schon seit vielen Jahren nicht mehr gehört. Und schon
gar nie live mit Harfe. Das Ganze kam mir wie eine Inszenierung vor. Und ich mitten
drin – im richtigen Moment, am richtigen Ort. An
jenem Wochenende wollte ich mir unbedingt auf iTunes den Kanon holen, was ich
dann aber aus mir unerklärlichen Gründen wieder vergass. Doch gestern, als ich
den Post «Update» schrieb, kam mir das alles plötzlich wieder in den Sinn. Ich
suchte mir auf Youtube das Stück und liess es beim Schreiben ein paar Mal im
Hintergrund laufen.
Und heute führte mich schliesslich mein Sonntagsspaziergang
an den See, zum Schiffsteg. Dort, wo wie jedes Jahr am dritten Advent eines der
Friedenslichter aus Bethlehem nach Zürich gebracht wird. Ich wusste nichts von
der Veranstaltung, sonst hätte ich den See und die damit
verbundene Menschenansammlung bestimmt gemieden. Ein Mikrofon kündete die Ankunft der
sogenannten Arche an, ein mit Lichtern geschmücktes Holzboot. Das Friedenslicht
wurde von einem Mädchen namens Chiara feierlich an Land getragen. Ich machte
ein Foto und wollte schon wieder gehen, da ertönte aus den Lautsprechern der Kanon
von Pachelbel. Live und auf Harfe gespielt.
Ihr
kennt den Kanon bestimmt und ich habe auf Youtube keine schöne Version mit Harfe
gefunden, dafür aber diese hier (Sreyas Krishnan Trance Remix). Enjoy!
Und
übrigens: Danke von Herzen für die aufmunternden Worte und Gedanken zu meinem
Entscheid, nicht nach Indien zu reisen!
Samstag, 13. Dezember 2014
Update
Am
24. November habe ich meinen Flug nach Goa annulliert. Ein rein intuitiver Entscheid.
Ich kann nach wie vor keinen handfesten Grund dafür nennen. Ausser, dass ich schon
seit Wochen ein grosses Unbehagen verspürte, wenn ich an diese Reise dachte. Und
jeden Morgen, beim Aufwachen, diesen Satz im Kopf und im Herzen: Du musst dableiben.
Seit
ich diese Reise abgesagt habe, ereignen sich Dinge in meinem Leben, die man wohl
am ehesten mit Synchronizität bezeichnen kann. Zufälle, die keine sind. Ich bin
jeden Tag aufs Neue gespannt. Und ich weiss im Moment auch nicht, wie und ob es
auf diesem Blog weitergehen soll. Ich werde in mich gehen. Und schauen, was mir die nächste Zeit so bringt. Und
dabei ab und zu Dhal essen – ein indisches Linsengericht. Und Kachori und
Samosas ...
Mittwoch, 5. November 2014
Was hat eigentlich der Busen mit dem Herz zu tun?
Wieso sagt man auf Deutsch
Busenfreund bzw. Busenfreundin? Weil der Busen auch für Brust stehen kann?
Und weil dahinter das Herz schlägt? Aber wie ist das denn bei den Männern? Die
haben ja keinen Busen, sondern lediglich eine Brust. Die italienische Übersetzung
von Busenfreundin und Busenfreund ist amica
del cuore und amico del cuore.
Also Herzfreundin und Herzfreund. Scheint mir irgendwie logischer zu sein. Und vor
allem näher beim Herzen. Die Menschen auf den Fotos mit mir gehören übrigens zu meiner
Herzfamilie.
Samstag, 1. November 2014
Ich bin nicht beides
Heute, nachdem ich dieses
Foto mit dem Satz «Today... take time to do what makes your soul happy» auf
meine FB-Seite Hand aufs Herz
Handanalysen gepostet hatte, wurde mir erst bewusst, dass das
Bildarrangement meine Frage nach Identität spiegelt. Ristretto und Schokolade. Italien
und Schweiz. Ein Ristretto ist ein stark gepresster Espresso. Intensiv im Aroma,
in zwei, drei Schlucken getrunken und mit nachhaltiger Wirkung. Ich bin ein
Ristretto. Habe Ecken und Kanten. Manche sind mittlerweile ersichtlich, andere immer
noch süss verpackt. Ich kann mich sehr gut anpassen. Bedingt durch meine
Geschichte – die Geschichte meiner Eltern. Migranten aus dem Süden. Ja nicht
auffallen, ruhig sein, still sein, Schokolade sein. Das Mantra meiner Kindheit.
Sich daraus herausschälen braucht seine Zeit.
Sonntag, 19. Oktober 2014
Paris - Passion pour la couleur
Die Ausstellung über das
Lebenswerk von Sonia Delaunay (1885-1979) im Musée d’Art Moderne von Paris ist
absolut sehenswert. Die Ausdruckskraft der Farben schlichtweg faszinierend.
Eine Künstlerin, die das eigene Leben zur Kunst machte. Sie malte nicht nur,
sondern entwarf auch Möbel, Teppiche, Dekorationsgegenstände, Stoffmuster und
hatte eine eigene Kleiderkollektion. Eine Frau, die ihrer Zeit weit voraus war
und bis ins hohe Alter malte. In einem Filmausschnitt sagt sie rückblickend: Je voulais exprimer ma poésie intérieure et vivre
librement. Sie liebte das Leben.
Das sieht man an den Farben, in die man förmlich eintauchen kann. Ich war zwei
Stunden lang völlig hin und weg. Eine wunderbare Ausstellung. Noch bis zum
22. Februar 2015 in Paris.
Samstag, 18. Oktober 2014
Paris – Sie sind Italienerin, das spüre ich!
Sagt Antoine, der Besitzer
des Parfumladens Marie Antoinette im Marais. Das Parfum, das ich im Auftrag
einer Freundin kaufen soll, führt er nicht mehr und deshalb schickt er mich mit
seinen besten Empfehlungen in einen Laden in die Rue de Castiglione. Am Schluss nennt er sich Antonio und spricht
Italienisch mit mir.
Seit gestern Abend bin ich
in Paris. Der Anreisetag, mit Zwischenhalt und Arbeitsessen in Strasbourg, war lang
und anstrengend. Mein kurzer Aufenthalt hier, eine Mischung zwischen
geschäftlich und privat. Ich treffe Übersetzer und gleichzeitig ein bisschen
entspannen wäre gut. Gestern Abend schien mir das noch ein Ding der
Unmöglichkeit zu sein. Paris ist hektisch und laut. Doch heute früh fühlte sich
alles ganz anders an. Strahlend blauer Himmel, Kirchenglocken, Schritte auf dem
Kopfsteinpflaster ... Paris übt immer wieder einen besonderen Charme auf mich
aus. Hier kann ich meine Gedanken spazieren führen. Durch die Strassen des Marais, im Jardin des Tuileries, in Museen und sogar in der Metro.
Montag, 13. Oktober 2014
Geburtstagswünsche
Immer noch
wunderbarer Oktober und der eigene Geburtstag schon wieder Geschichte. Danke
für die Zusendung diverser Herbstgedichte – auch von selbst gereimten – und
dass ihr doch noch eines von Goethe gefunden habt!
Auch
Geburtstagswünsche sind Heimat. Insbesondere die altbekannten, wiederkehrenden.
Die, die dich in irgendeiner Form jedes Jahr erreichen. Egal, wo du oder die andere
Person sich auf dieser Welt gerade befinden. Diesmal blieben sie nach drei
Jahrzehnten zum ersten Mal aus. Ich weiss weshalb. Und trotzdem wäre es nicht
nötig gewesen. Dieses Auge-um-Auge-Zahn-um-Zahn-Gehabe. Dieser Stolz. Zusammen
mit den guten Wünschen zum neuen Jahr stellten sie ein Zeichen der
Verbundenheit dar. Und wurden durch all die Jahre hinweg zu einem Stück Heimat.
In zehn Wochen fliege ich nach Indien. Glückwünsche zum neuen Jahr nehme ich
dann gerne elektronisch entgegen.
Sonntag, 5. Oktober 2014
Der Herbst ist keine Jahreszeit
Der Herbst ist
Heimat. Zumindest für mich. Vielleicht weil ich im Herbst geboren wurde. Satte
Farben. Leuchtend und ausdrucksstark in ihrer Tiefe. Das Beste wäre jetzt ein
Herbstgedicht von Goethe gewesen, aber ich habe keines gefunden.
Dienstag, 9. September 2014
Goethe sieht besser aus
... als Dante.
Dies schreibt mir meine Freundin aus Italien als Kommentar zu meinem letzten
Blogeintrag. Genau aus diesem Grunde würde sie viel lieber eine Büste von ihm, als
eine von Dante auf ihr Bücherregal stellen. Ausserdem sei sie stolze Besitzerin
sämtlicher Gedichte von Goethe. Ein Geschenk des deutschen Vizekonsuls aus
Mailand als Dank für geleistete Dolmetscherdienste. Im Begleitschreiben vom 8.
September 1993 steht unter anderem:
(...) La ringrazio, (...) per
essere stata una interprete veramente bravissima durante la visita a Venezia
dei deputati (...). Gli argomenti trattati, decisamente, non erano facili da
tradurre e i due ospiti non erano sempre facili da sopportare, ma Lei è
riuscita a superare queste difficoltà con altrettanto talento che grazia. (…)
Köstlich. Dass nicht
nur das Thema, sondern auch die beiden deutschen Gäste eher von der schwierigen
Sorte waren, wird hier direkt beim Namen genannt. Und dass die Freundin diese
Schwierigkeiten nicht nur mit Bravur, sondern auch con grazia gemeistert hat. Dafür hat sie Tutte le poesie von Goethe geschenkt bekommen. Darum beneide ich sie
nun.
Aber:
Ich finde nicht, dass Goethe besser als Dante aussieht.
Sonntag, 7. September 2014
Bücher aufräumen und dabei etwas über Heimat verstehen
Ich habe mein
grosses Bücherregal entstaubt, gereinigt und sämtliche Bücher neu eingereiht. Rechts
die deutschen, links die italienischen und darüber eine Büste von Dante, die
ich mir vor Jahren mal unbedingt in Florenz kaufen wollte und es auch tat. Zuunterst
die anderen Sprachen. In der Reihenfolge ihrer Häufigkeit sind dies Französisch,
Spanisch und Englisch. Vier Stunden hat mich diese Arbeit gekostet. Dabei bin
ich gereist. Durch Geschichten und Lebensabschnitte. Ich erinnere mich an Begebenheiten,
an einen Ehemann, an Liebschaften, an Freundschaften, an Wohngemeinschaften, an
Stimmungen, an literarische Vorlieben. An bestimmte Sommer und Winter, in denen
ich es mir zum Ziel gemacht hatte, möglichst alle oder zumindest viele Bücher
eines Autors oder einer Autorin zu lesen, weil mich Stil und Handlungen faszinierten.
Schon seit jeher waren mir Bücher Zuflucht, Verstehen und Heimat. Und sie sind
es heute noch.
Ich stelle
fest, dass ich ungefähr gleich viele deutsch- wie italienischsprachige Bücher besitze.
Ich stelle fest, dass ich italienische Übersetzungen von deutschsprachigen Autoren und umgekehrt gelesen habe. Ich
stelle fest, dass links, in der italienischen Abteilung, praktisch lückenlos sämtliche
Klassiker der italienischen Literatur vertreten sind. Und ich stelle fest, dass
rechts, in der deutschen Abteilung, die wichtigsten deutschen Klassiker fehlen.
Nicht, dass ich diese nicht gelesen hätte. Und zwar als handliche,
platzsparende, preisgünstige gelbe Reclam-Ausgaben, denn es gab Lebensphasen,
in denen mein Budget wenig zuliess. Doch dies ist nicht der wahre Grund. Wenn
ich vor meiner Bücherwand stehe und die linke Seite betrachte, dann offenbart
sich mir eine andere Wahrheit. Dass ich nämlich mein knappes Geld lieber in italienische
Klassiker investierte. Mit ihnen verbinden mich nach wie vor Emotionen und die Neugier,
die Wurzeln meiner Herkunft zu erforschen. Zu den deutschen Klassikern konnte
ich nie eine innige Beziehung aufbauen. Ich las sie aus intellektuellem Interesse
und auch weil sie im Zusammenhang mit meinem beruflichen Werdegang zur
Pflichtlektüre gehörten. Bei meinen regen Wohnungswechseln konnte man die überaus
praktischen Reclam-Bändchen – sprich, die deutschen Klassiker – mit ein paar
wenigen Handgriffen problemlos in einen Migros-Papiersack verstauen, der mal
in einem viel zu feuchten Keller zwischengelagert wurde und deshalb Jahre
später der Müllabfuhr zum Opfer fiel. Tönt lieblos, ist es aber nicht. Im
Gegenzug habe ich viele schöne Erinnerungen an Theateraufführungen. Goethe,
Schiller, von Hofmannsthal, Eichendorff, Büchner ... Goethe mag ich. Vor
allem seine Lebensgeschichte, seine Briefwechsel und seine Gedichte. Vielleicht
investiere ich demnächst mal in einen schönen Gedichtband. Aber es würde mir
nie in den Sinn kommen, nach Weimar zu reisen, eine Büste zu kaufen und diese auf
die rechte Seite meiner Bücherwand aufzustellen.
Samstag, 23. August 2014
Nein. Das tut man nicht.
Nein,
man geht in der Schweiz nicht einfach so an den Bartresen und bestellt locker-flockig
einen Cappuccino. Auch im angesagten Trendquartier von Zürich nicht. Im Kreis
3, am Idaplatz. Nein, tut man nicht. Da wird einem nämlich säuerlich und mit
Unterton mitgeteilt, dass die Bedienung am Tisch erfolgt. Ok, ok, habe
verstanden. Sorry für diesen groben Fehler. Danke für die Belehrung. Bin wieder
in der Schweiz. Softwareprogramm auswechseln. Das Problem ist nur: Es fällt mir
von Mal zu Mal schwerer.
Mittwoch, 13. August 2014
Sommer-WG am Meer
Sieben Frauen
und drei Kinder in einem Haus am Meer. Der Kühlschrank ist gross. Das Chaos in
der Küche könnte grösser sein. Sofern wir richtig kochen würden. Aber das tun
wir nicht. Keine von uns gehört der Kategorie italienische Mamma an. Jede verfolgt weiterhin ihre ganz
individuellen Essgewohnheiten. Da wird eine Woche lang Joghurt mit Akazienhonig
gegessen, andere gehen wie immer zum Takeaway, die Kinder werden mit frisch
gekochter Pasta versorgt und ich habe in einem Laden leckere italienische
Bio-Gemüsesäfte entdeckt.
Nach einer
Woche hat die Sommer-WG am Meer andere Formen angenommen. Ein paar sind
abgereist, die Joghurt-Diät wurde erfolgreich beendet, die Gemüsesäfte sind alle
durchgetestet. Was nun?
Mittlerweile
hat aber zum Glück ein mit Hingabe kochender italienischer Mann die Küche in
Beschlag genommen. Matteo heisst er. Er hat sich mit unzähligen Kistchen und
Tütchen voller Früchte, Gemüse und Fisch hier einquartiert. Er kocht, wir
putzen die Küche. Gemüse und Früchte stammen vom eigenen Garten, der Fisch
selbstverständlich vom Fischhändler seines Vertrauens. Matteo kocht schnell,
konzentriert und überzeugend. Keine Kapriolen. Dafür authentische, italienische
Küche. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer, Olivenöl und Zitrone. Exotische Gewürze
wie Kurkuma werden sparsam und nur zum Unterstreichen eingesetzt. Am Tisch
lehnt er sich genüsslich zurück. Wartet, bis alle geschöpft haben, lächelt
zufrieden in die Runde. Beobachtet uns und sein Werk. Ich glaube fast, damit
hat er schon gegessen. Das ist es, was ihn glücklich und satt macht. Grazie
Matteo!
Mittwoch, 6. August 2014
Strandcafé
Flugzeuge mit
Spruchbändern wie damals, als wir noch Kinder waren, gibt es keine mehr.
Vermutlich wegen der schlechten Wirtschaftslage Italiens, die aber auch ihre
guten Seiten hat. Die Strände sind nicht überfüllt. Viele Liegestühle bleiben
leer. Zu viele, sagen die Einheimischen.
Ich liebe es,
am Morgen früh alleine am Strand entlangzulaufen. Nackte Füsse auf dem Sand und
im Wasser. Die Stege laden zum Verweilen ein. Den Blick in die Weite schweifen
lassen. Die morgendliche Stille einatmen. Zur Belohnung gibt es Cappuccino in
einem der vielen Strandcafés. Das von heute früh spielt alte, italienische
Songs. Ich kenne die Texte, meine Mutter sang die Lieder beim Putzen. Ich setze
mich an einen der weissen Plastiktische. Der Cappuccino ist richtig gut. Die
paar wenigen Gäste sind noch ein bisschen verschlafen. Vor mir ein Meer von
noch ungeöffneten Sonnenschirmen, dahinter das richtige Meer. Die Sonne brennt.
Ich bin happy. Mit diesem Augenblick und mit mir selber. Es fehlt mir an
nichts. Diesen Moment will ich zu einem kleinen Paket schnüren, in meinen
Koffer legen und immer dann hervorholen, wenn in Zürich die graue Wolkendecke drückt.
Notabene: Ich
freue mich immer sehr über Kommentare zu diesem Blog. Nachrichten, die man als Antwort an die Verteilermail-Adresse schickt, kommen nicht
bei mir an (no-reply@blogger.com). Feedback und eigene Gedanken zu meinen Posts kann
man direkt hier unten auf dem Blog hinterlassen oder an meine Mailadresse rinaldi@cyberlink.ch schicken.
Sonntag, 3. August 2014
Country roads, take me home ...
Heute will ich ein bisschen pathetisch sein. Das bin ich immer, wenn ich von der Schweiz nach Italien fahre. Das gehört dazu. Aus dem Zugfenster in den Himmel schauen. Er kommt mir weiter, leichter, freier und verspielter vor, als dort wo ich lebe. Selbst wenn er nicht ganz wolkenfrei ist. Bei meinen Freunden im Veneto ankommen, ist wie nach Hause kommen. Heute Abend müssen sie noch an ein Familientreffen. Ich hätte mitgehen können, ziehe es aber vor, Haus und Hund zu hüten. Der Empfang ist rührend. Ich geniesse die Stille. Den Blick auf die Bäume und in den Abendhimmel. Grillen zirpen. Später am Abend werden wir noch mit Kind und Kegel ans Meer fahren, nach Jesolo. Das Kind wird im Auto einschlafen. Wir werden ankommen und schnell, schnell die Betten beziehen, damit es weiterschlafen kann. Und danach, draussen auf der Terrasse, noch einen Tee trinken und den Wellen des Meeres lauschen.
Freitag, 1. August 2014
1. August
Es gab ein paar
wenige Sommer, in denen wir in den langen Ferien nicht nach Italien fuhren. Wir
blieben in der Schweiz und feierten den 1. August. Vater holte ein paar Lampions
aus dem Keller, Mutter deckte den Tisch auf dem Balkon. Eine Schweizer Fahne
wurde in den Basilikumtopf gesteckt. Gleich daneben eine italienische. Das gab
Anlass zu Diskussionen. Meine Mutter war dagegen. Sie fand, Italien hätte am Nationalfeiertag
der Schweiz nichts zu suchen. Doch mein Vater war da anderer Meinung. Er wollte
ein Zeichen setzen. Wollte seiner Gastheimat gegenüber Dankbarkeit zeigen.
Dafür, dass man es ihm ermöglicht hatte, sich hier eine Existenz und
wirtschaftliche Sicherheit aufzubauen. Er pries die Vorzüge der Schweiz. An
diesem Tag dachte man weder über fremdenfeindliche Äusserungen nach, noch an
Schwarzenbach und Konsorten.
Die vielen anderen
Sommer verbrachten wir in Italien. Meine Mutter packte zwei rote Windlichter
mit Schweizer Kreuz in die Ferienkoffer. Der 1. August wurde im Wandkalender
eingekreist und bei Anbruch der Dunkelheit durften wir Kinder auf der Veranda
die Windlichter anzünden. Kamen an diesem Abend per Zufall unsere italienischen
Verwandten vorbei, fragten sie stets, ob jemand gestorben sei. Die roten
Windlichter erinnerten sie an Friedhöfe. «Nein, wir feiern den Geburtstag der
Schweiz!» rief ich. «Mit Totenlichtern?» fragten sie. Ich ärgerte mich sehr.
Damals schon wusste ich, dass ich mich weder dort noch hier jemals richtig
daheim fühlen würde. Dafür trug ich aber einen Schatz in mir. Den Schatz, zwei
Kulturen zu kennen. Ich kannte und lebte etwas, von dem die Dortgebliebenen
keine Ahnung hatten. Das war und ist nach wie vor ein sehr bereicherndes Gefühl.
Donnerstag, 24. Juli 2014
Seelenheimat
Meine Seele ist
eine Fahrende. Eine Zigeunerin, eine Wahrsagerin. Lagerfeuer, Geigenklänge,
sternklare Nächte, staubige Landstrassen. Kesselflicker und Scherenschleifer. Klirrende
Kälte und unerträgliche Hitze. Rote Mohnblumen im Haar. Noch nie einen Baum
gepflanzt. Weiterziehen. Weiterziehen. Abschied nehmen. Rastlos nach Wurzeln suchen.
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