Samstag, 27. Juli 2013

Lean On Me

http://www.youtube.com/watch?v=ncxe5a0Llhs

Es war die Art wie der junge Rastatyp vor ein paar Tagen am Paradeplatz diesen alten Song von Bill Withers interpretierte, die mich zu Tränen rührte. Umrahmt von den beiden Grossbanken, von schicken Kunstgalerien, teuren Boutiquen und der altehrwürdigen Confiserie Sprüngli sang er in der grössten Mittagshitze dieses Lied. Er hatte weder Augen für die geschäftigen Passanten in Anzug und Krawatte, noch reagierte er gross, wenn ihm jemand eine Münze vor die Füsse warf, die in alten, durchgetretenen Flip-Flops steckten.
Er war versunken in dieses Lied. Seine Stimme rauchig, die Gitarre dazu groovig.

Seither läuft mir der Song auf Schritt und Tritt nach.

Lean on me, when you’re not strong
And I’ll be your friend
I’ll help you carry on ...


Die Essenz des Lebens sind die grossen Gefühle und die sind nicht immer cool und easy. Sie führen uns zu den grossen Fragen und manchmal auch zu den Antworten. Wie müssen uns nur trauen. Und uns dem Augenblick hingeben. Wie der junge Typ, der da draussen seinen Song singt.

Sonntag, 21. Juli 2013

Holding stack ...


Eine Warteschleife, auf Englisch holding, ist ein Flugmanöver in der Luftfahrt, um ein Flugzeug über einem festgelegten Punkt, dem holding fix, auf weitere Freigaben warten zu lassen. Gründe für das Fliegen einer Warteschleife sind zu hohes Verkehrsaufkommen, blockierte Landebahnen (anderes Flugzeug bei Start/Landung, Schneeräumung) oder schlechte Wetterverhältnisse. Eine Warteschleife besteht aus zwei Halbkreisen und zwischenzeitlichem Geradeausflug. Werden in einer Warteschleife mehrere Flugzeuge übereinander gehalten, so spricht man auch von einem holding stack.

So lautet in leicht gekürzter Form der Eintrag in Wikipedia zum Begriff Warteschleife. Nachgeschaut habe ich ihn, weil ich mich seit mehreren Monaten in einem Zustand befinde, den man noch am ehesten mit diesem Begriff umschreiben kann.
Auf Englisch gefällt mir das Wort ganz gut: holding. Die Steigerung davon, holding stack, gefällt mir weniger gut. Zuerst das Wort holding, das man weich und leise, mit einem langgedehnten, sonoren o und einer zarten Andeutung von u aussprechen kann. Mutet schon fast sinnlich an ... holding ... Zwei Halbkreise und ein zwischenzeitlicher, ruhiger Geradeausflug.
Ein Ziel vor Augen, die Erfüllung und Vollendung von Absichten, Wünschen, Projekten und Visionen sind in mehr als nur greifbarer Nähe. Und dann wieder doch nicht. Warten. Warten weil äussere Umstände (s. oben) das Landen verhindern.
Holding kann man ertragen, holding schenkt einem immer mal wieder eine Rast zum Überlegen und Ausruhen. Lässt sogar neue Ideen vor dem inneren Auge entstehen. Holding ist absehbar. Holding stack ist es nicht. Stack blockiert, begrenzt, hemmt, staut. Dazu braucht man das Wort nicht mal laut auszusprechen.
Ich mag keine anderen Flugzeuge über mir und auch nicht unter mir. Ich will gleiten und ab und zu will ich landen und leben. Schlafen kann ich, wenn ich tot bin. Nicht von mir, aber trotzdem guter Spruch.
Und nun habe ich es beschlossen und ein paar Privatstunden zur Auffrischung dazu schon gebucht. Ich gehe wieder zum Tango. Gleiten, bewegen und ab und zu landen, das Leben leben. Mich lebendig fühlen. 
Und ihr so mit euren Leben da draussen? Alles smooth as silk oder holding stack? Würde mich wirklich interessieren.

Dieser Eintrag hat nicht viel mit der Beschreibung meines Blogs im Lead zu tun, dafür umso mehr mit dem Titel und insofern mit meinem wirklichen Leben. Egal, ob Seconda oder nicht: my crazy heart is truly crazy.


Sonntag, 7. Juli 2013

Schwyzerörgeli und Penne rigate


Ich sitze auf meiner Terrasse und will gerade eine erste Gabel Penne rigate in den Mund schieben, als das leise Stimmengemurmel und Amselpfeifen, das vom Idaplatz in meine Wohnung dringt, von einem sehr frohen und ebenso lauten Juchzer jäh durchbrochen wird. Ich denke mir noch nichts dabei und beginne zu essen. Pasta am Sonntagmittag ist ein Ritual – ist ein kleines Stück Italien ganz für mich alleine.
Nach ein paar Gabeln höre ich nicht nur Juchzer, sondern auch ein sehr dezidiertes Fenster schliessen rund um mich herum. Und war da nicht noch ein Instrument? Ich stehe auf, um auf der anderen Seite der Wohnung zum Fenster hinaus zu schauen. Und was ich da sehe gefällt mir gar nicht. In der sonst eher unscheinbaren Cordon-Bleu-Beiz unten links, hat sich eine bunt gemischte Gesellschaft eingefunden, die allem Anschein nach die feste Absicht hat, heute etwas zu feiern. Runder Geburtstag, Taufe, goldene Hochzeit, was weiss ich ... jedenfalls sitzen da mitten auf dem Trottoir ein paar Schwyzerörgeler und verbreiten juchzend und singend gute Stimmung.
Was soll ich dazu sagen? Schwyzerörgeli auf einer Schweizer Alp finde ich ganz okay. So in etwa eine halbe Stunde lang, meinetwegen auch eine ganze Stunde. Aber Schwyzerörgeli an einem Sonntag mitten in Zürich finde ich weniger okay. Und schon gar nicht, wenn ich dazu meine Penne rigate al pomodoro esse. Schwyzerörgeli macht mich nämlich ganz traurig und grau.
Ist Volksmusik die Seelensprache eines Landes? Und wenn ja, wie ist die Seele der Schweiz beschaffen? Ist sie traurig? Oder wirkt sie nur auf mich so? Mit diesen Gedanken werde ich nun versuchen, meine Siesta zu machen ... Selbstverständlich bei geschlossenen Fenstern.

Montag, 1. Juli 2013

Finde den Fehler


Heute Morgen an einem Bahnhofkiosk in Basel: Die türkischstämmige Seconda bedient alle in der Schlange vor mir in astreinem Baseldytsch und ich freue mich schon, sie ebenfalls mit einem astreinen «Griezi, i hätt gärn ...» zu begrüssen. Sie aber kommt mir freundlich zuvor und sagt: «Guten Tag, was hätten Sie gerne?»
Na gut, denke ich mir beim Weglaufen, vielleicht sehe ich in einer Bahnhofsumgebung einfach wie eine astreine italienische Touristin aus ...