Donnerstag, 5. September 2013

Wer zuerst das Meer sieht, hat gewonnen



Noch ist Sommer und kein Herbst. Und so wandern die Gedanken in längst vergangene Sommer, in denen wir ans Meer fuhren. An Feldern, wilden Kaktusfeigen und Weiden vorbei. Darauf sonnten sich schwarze Büffel. «Da kommt die Mozzarella her, die echte», erklärten uns die Eltern. Ein Wunder – un miracolo. Wie konnten aus diesen mächtigen, schwarz befellten Tieren so hübsche, schneeweiss glänzende Mozzarellakugeln entstehen? Immer erwischte mich beim Vorbeifahren ein Büffel, der mir unverblümt und direkt in die Augen blickte. Pechschwarze Augen. Natürlich ass ich damals keine Mozzarella. Doch der Gedanke an ihre wundersame Entstehung faszinierte mich und trug mich weiter bis zur Wegkreuzung, an der mein Vater stets den gleichen Satz sagte: «Wer zuerst das Meer sieht, hat gewonnen!» Solange meine sechs Jahre ältere Schwester mitfuhr, gewann ich nie. Ich habe trotzdem mitgespielt und einfach gewartet, bis meine Schwester endlich rief: «Ich sehe es! Das Meer!» Ich aber hatte das Meer längst ... gerochen. Schon bei den Kaktusfeigen und den Büffeln. «Das zählt nicht!» rief meine Schwester aufgebracht, als ich es einmal sagte. «Man muss das Meer sehen.» Nein, muss man nicht. Man kann es auch riechen. Jederzeit und überall. Sogar in der Stadt. Auch in Zürich.