Donnerstag, 12. Dezember 2013

Wurzeln



Während der erste Weltkrieg tobte, bauten zwei Brüder ein gemeinsames Haus. Das Geld dazu hatten sie in Amerika verdient. Ein U-förmiges Gebäude, mit dreizehn Zimmern, wovon jedes fünf mal fünf Meter mass. Durch ein grosses, gebogenes Holztor mit einem Löwenkopf als Türklopfer, betrat man es von der Via Principe di Napoli. Im Innenhof, gleich neben dem Eingang, befanden sich zwei Abstellkammern für Werkzeuge und Gerätschaften. Weiter hinten die grosse Gemeinschaftsküche mit Kamin, daneben ein bauchiger Brotofen. Ganz hinten rechts ein Plumpsklo für alle. Links davon eine Wasserzisterne, die den Bewohnern des Hauses frisches Wasser lieferte. In der Mitte des Innenhofes führte eine Steintreppe in den oberen Stock, von wo man auf die gegenüberliegende Strasse, auf die Via Principe di Piemonte blicken konnte. Hier befanden sich die Wohn- und Schlafräume der verschiedenen Familien und Paare, die im Laufe der Jahre das Haus bewohnen sollten. Dicke Steinmauern und hohe Decken hielten das Innere des Hauses im Sommer stets angenehm kühl. Im Winter hingegen wurde es manchmal so kalt und feucht, dass die Mütter vor dem Zubettgehen heisse, mit Wasser gefüllte Flaschen in die Betten der Kleinsten legen mussten. 1918, am Ende des Krieges, war auch das Haus fertig. Die beiden Brüder zogen ein. Einer von ihnen war mein Grossvater.