Ich sitze auf meiner Terrasse und will gerade
eine erste Gabel Penne rigate in den Mund schieben, als das leise Stimmengemurmel
und Amselpfeifen, das vom Idaplatz in meine Wohnung dringt, von einem sehr
frohen und ebenso lauten Juchzer jäh durchbrochen wird. Ich denke mir noch
nichts dabei und beginne zu essen. Pasta am Sonntagmittag ist ein Ritual – ist
ein kleines Stück Italien ganz für mich alleine.
Nach ein paar Gabeln höre ich nicht nur Juchzer,
sondern auch ein sehr dezidiertes Fenster schliessen rund um mich herum. Und war
da nicht noch ein Instrument? Ich stehe auf, um auf der anderen Seite der
Wohnung zum Fenster hinaus zu schauen. Und was ich da sehe gefällt mir gar
nicht. In der sonst eher unscheinbaren Cordon-Bleu-Beiz unten links, hat sich eine
bunt gemischte Gesellschaft eingefunden, die allem Anschein nach die feste Absicht
hat, heute etwas zu feiern. Runder Geburtstag, Taufe, goldene Hochzeit, was
weiss ich ... jedenfalls sitzen da mitten auf dem Trottoir ein paar
Schwyzerörgeler und verbreiten juchzend und singend gute Stimmung.
Was soll ich dazu sagen? Schwyzerörgeli auf
einer Schweizer Alp finde ich ganz okay. So in etwa eine halbe Stunde lang,
meinetwegen auch eine ganze Stunde. Aber Schwyzerörgeli an einem Sonntag mitten
in Zürich finde ich weniger okay. Und schon gar nicht, wenn ich dazu meine Penne
rigate al pomodoro esse. Schwyzerörgeli macht mich nämlich ganz traurig und
grau.
Ist Volksmusik die Seelensprache eines
Landes? Und wenn ja, wie ist die Seele der Schweiz beschaffen? Ist sie traurig?
Oder wirkt sie nur auf mich so? Mit diesen Gedanken werde ich nun versuchen,
meine Siesta zu machen ... Selbstverständlich bei geschlossenen Fenstern.